Ich habe hierzu in Hundeforen, auf der Hundewiese usw. so viele Fragen und unterschiedliche (auch falsche) Antworten gehört und gelesen, daß ich hier allen Rat Suchenden eine umfassende Erklärung geben möchte.
Ich fange ganz am Anfang an, vom mutigen Typ bis hin zum Paniker. Wer hier keine Antwort findet, darf sich gerne direkt an mich wenden.
Grundsätzliches
Der Welpe hat noch keine Angst vor dem Knallen, weil er sich noch in einer Entwicklungsphase befindet, die ihn Neuem gegenüber zwar skeptisch, aber dennoch aufgeschlossen sein lässt. Er mag sich zwar vor einem Knall erschrecken, wird aber nicht mit der panischen Angst reagieren, die so Viele an ihren Hunden beobachten müssen.
Diese Phase ist aber irgendwann (je nach Typ zwischen dem 6-12 Monat) abgeschlossen. Hat der Welpe bis dahin keine Erfahrungen mit Knallern gemacht, wird er später Angst davor haben.
Nun darf man aber nicht dem Irrtum unterliegen, dass der Hund schussfest bleibt, weil er z.B. gerade 8 Monate war, als Sylvester war, und er hatte da keine Angst. Wenn der junge Hund dann ein Jahr lang kein Knallen hört, könnte er dennoch dann Angst bekommen.
Man darf auch nicht den Fehler machen, den Hund mit hinaus zu nehmen, weil er ja keine Angst hat. Eine einzige schlechte Erfahrung (und dafür reicht auch ein gewaltiger Schreck – es muß nicht einmal etwas passieren) reicht aus, dass der Hund sich fürs Leben merkt – knallen ist schlecht.
Derjenige, der einen Hund hat, der keine Angst zeigt, solle sich daran erfreuen, dass er diese Tage gut übersteht, ihn aber dennoch schonen, damit das so bleibt.
In der Lernphase und auch später sollte man nie den Fehler begehen, den Hund zu trösten, wenn er sich erschrickt. Trösten heißt loben. Lob bestätigt den Hund in seiner Haltung. Natürlich kann man seinem Hund gut zusprechen; mit ruhiger, tiefer Stimme, die Zuversicht ausstrahlt. Im Großen und Ganzen aber demonstriert man dem Hund am Besten, dass Nix ist, indem man sich so benimmt, als wenn Nix wär.
Der Hund liest IMMER in seinem Besitzer, wie die aktuelle Lage einzuschätzen ist und passt sein Verhalten entsprechend an !! Das gilt auch für andere Bereiche, aber das ist jetzt nicht das Thema…
Wer nun einen Hund hat, der schon richtig Angst hat, nicht nur Nervosität zeigt, einen Hund, der schon stark abhechelt, evtl. aus der Nase trieft, dessen Herz stark pocht, der sich verkriecht, der sollte mit seinem Tierarzt besprechen, welche leichten Beruhigungsmittel in Frage kommen (Alter, Epilepsie, Herzleiden usw. beachten!). Damit meine ich Mittel, die dafür sorgen, dass der z.B. .Blutdruck niedriger bleibt. Es sollten einfach nur Maßnahmen sein, die dem Hund körperlich hilfreich sind, nicht aber zum Schlaf führen.
Auch dieser Hund ist am Besten beraten, wenn man ihm nicht in seine Verstecke hinterher krabbelt, um ihn zu streicheln etc., er wird sich den Platz suchen, wo er sich am Sichersten fühlt. Man sollte ihn ausnahmsweise hinlassen, wohin er will. Es gibt Hunde, die kriechen unters Bett, andere fühlen sich plötzlich am wohlsten in der Duschkabine, oder im Kleiderschrank…
Wer nun einen Hund hat (wie ich), der so panisch reagiert, dass er durchdreht. kratzt, hechelt, schon leise vor sich hin weint, Teppiche zerlegt oder sonst welche deutlichen Zeichen einer Störung zeigt, der sollte seinem Tier vielleicht den Gefallen tun und es über Sylvester schlafen schicken. Wichtig ist, hierbei Folgendes unbedingt zu beachten:
Erst einmal vorweg: VALIUM ist SCHLECHT! Andere Schlafmittel, die für Menschen gemacht sind, sind schlecht ! Es gibt tatsächlich Tierärzte,-trainer,-experten…,die sagen, man könne dem Hund bedenkenlos eine Valium geben.
Das ist auch nicht immer unzutreffend. Wenn der Hund in die mittlere Kategorie gehört, kann man, statt leichter Beruhigungsmittel Valium geben. Dem panischen Hund aber ist damit NICHT geholfen.
Seine Angstzustände, die damit ausgeschütteten Hormone sorgen dafür, dass er nicht einschläft. Er wird schlapp und matt, doch seine Wahrnehmung funktioniert noch. Er hört nicht nur weiterhin die Böller, sondern er registriert auch seinen Zustand. Er kann seinem natürlichen Fluchtverhalten nicht nachkommen und ist nur noch verwirrter und ängstlicher. Auch wenn WIR ihm das dann gar nicht mehr ansehen müssen…
Deshalb: Wer sich entschließt, den Hund schlafen zu legen besorgt sich eine Pille vom Tierarzt, je nach Kondition des Hundes, die die Hunde vor dem Fliegen bekommen..
Der Hund schläft davon nicht einfach ein, sondern er ist sediert. Seine Wahrnehmung lässt nach, sein Atem wird ruhig, die Augen rollen weg, der Körper wird schlaff und schwer.
Man sollte die Pille verabreichen, lange bevor die Knallerei losgeht. Und wichtig ist es, dem Hund nicht nach und nach mehr zu geben, sich an den Zustand heranzutasten, sondern gleich eine volle Dosis zu verabreichen, die unbedingt mit dem Tierarzt besprochen werden sollte.
Es ist wichtig, dass der Hund gleich richtig einschläft und „weg“ ist, damit er nicht in den Zustand gerät, den ich eben im Zusammenhang mit Valium beschrieben habe. Wenn die ersten Kracher losgehen, sollte er bereits unbekümmert eingeschlafen sein.
Wer sich zu diesem Schritt entschließt, muß darauf vorbereitet sein, dass der Hund bis zu 30 Stunden nur schlapp sein kann. Das ist sehr beunruhigend, aber nicht so dramatisch, wie es scheint. Der Hund mag sich nicht bewegen, hängt durch, wie ein nasser Sacke, bekommt die Augen kaum auf.
Wenn Sylvester gelaufen ist, sollte man ihn hinaustragen an die frische Luft (Sauerstoff bringt den Organismus in Gang), ihn absetzen, ein bisschen rubbeln, an eine Pinkelstelle geleiten und, wenn nötig danach wieder reintragen. Am Besten aber stützt man ihn und lässt ihn selber gehen, dann wird der auch wieder wacher. Wenn er nicht mag, einfach weiter schlafen lassen.
Wer diesen Schritt geht, sollte seinen Hund auch ab und zu zum Trinken animieren. 2-3 Tage vorher schon möglichst feucht füttern, denn er trinkt evtl. bis zu 20 Stunden nicht, dem muß man ein wenig entgegenwirken. Wenn der Hund nämlich „austrocknet“, kommt der Organismus auch schlecht in Gang.
Und man muß darauf gefasst sein, dass der Hund sich im Schlaf löst. Also am Besten eine blaue Plastiktüte unters Körbchen-und nicht böse sein !
Die Alternative
Ich muß unbedingt hier meine Erfahrung anbringen,denn ich hoffe damit vielen weiteren Tieren damit einen Gefallen tun zu können.
Zu einem Jahreswechsel habe ich ein Medikament ausprobiert, welches aus der Humanmedizin kommt. Es handelt sich um Alprazolam.
Das ist ein Neuroleptika, welches seinen Einsatz u.a. bei depressiven Patienten mit Panikattacken findet. Es ist wichtig zu wissen, dass dieses Medikament süchtig machen kann und unbedingt nur mit Absprache eines Tierarztes genutzt werden sollte. Hunde mit starken Nierenproblemen könnten damit Schwierigkeiten haben, und bei längerer Anwendung kann es nach Absetzen zu Angstzuständen führen.
Ich male hier gleich den Teufel an die Wand, weil ich unbedingt vermeiden will, dass auf meine Empfehlung bedenkenlos damit umgegangen wird.
Alprazolam wird mittlerweile auch von Tiertherapeuten genutzt, um Angst- oder Aggressionsverhalten damit zu behandeln. Hier wird es eingesetzt, um dem Tier die Möglichkeit einzuräumen, Erfahrungen zu machen, die sein Verhalten nachhaltig ändern können, Erfahrungen zu denen es womöglich nicht käme, da eine zu große Blockade existiert.
Dies ist aber jetzt ein anderes Thema, wer mehr dazu wissen will, kann mich gerne kontaktieren.
Weshalb ich mich für Alprazolam entschieden habe ist, dass der Hund (oder Katze, etc.) NICHT sediert ist, körperlich völlig unbeeinträchtigt bleibt (lediglich eine Schläfrigkeit kann eintreten, doch das ist nicht zu vergleichen mit der körperlichen Schlappheit, wie bei z.B.Valium und Konsorten. Dazu habe ich bereits geschrieben), sondern das Tier bleibt fit. Das ist besonders toll für ältere Tiere und jene mit Herzproblemen. ausserdem kann man sich bis hin zur MIT DEM TIERARZT BESPROCHENEN HÖCHSTDOSIERUNG langsam herantasten. Mit kleinen Mengen beginnen und dann nachschlagen, wenn die Wirkung nicht einsetzt. Die Wirkung setzt relativ schnell ein, daher kann man das eigentlich ganz gut beurteilen. Das hat auch den Vorteil, dass dieses Mittel unmittelbar anwendbar ist, also, dann, wenn es gebraucht wird, man muß nicht Stunden vorher das Tier darauf einstellen.
Wer schon ein zwei Tage vor Silvester damit beginnen will, sollte sich langsam herantasten, und was ganz wichtig ist: Bei der Gabe über mehrere Tage langsam die Dosierung abbauen, damit es nicht zu Entzugserscheinungen kommen kann.
Wer in Foren nachforscht, wird Beispiele von Tieren finden, bei denen das geschehen ist. Aber ALLE haben gemeinsam, dass sie über einen längeren Zeitraum mit Alprazolam versorgt wurden.
Des Weiteren kann es dazu führen, dass Katzen sich extrem schmusig, Hunde sehr verspielt zeigen, letztere gehorchen dann eventuell auch schlechter, die Tiere sind eben einfach etwas bedödelt, in lustiger oder netter Stimmung, aber nicht völlig stoned…
Soviel zu den Hinweisen. Nun zu meinem Fall: Ich habe drei Hunde; Jerry, der unter extremen Angstzuständen leidet, mit dem ersten Anzeichen von Silvester geht es los- Sabbern, Hecheln, Herzrasen, wildes Kratzen am Boden, Jaulen, einfach alles eben.
Leia, die mit Angst, aber nicht einer solchen Panik reagiert, sich verkriecht, zittert und manchmal leise jammert. Lando, der hier nicht zur Sache tut, weil dem das alles zum Glück vollkommen egal ist. Der ginge auch um zwölfe raus, wenn ich ihn ließe…
Jerry ist nicht wirklich mein Hund, der war in HH-Altona, mit seinem Söhnchen Jackopo, der ähnlich wie Leia reagiert.
Jerry hat nachmittags und nachts je eine Hälfte seiner Körpergewicht-Tagesdosierung bekommen, Jacko ebenso. Leia hat die Hälfte ihrer Tagesdosis verteilt, also zweimal ein viertel der Menge bekommen. Lando bekam nichts.
Jerry hat sich – und in der Innenstadt war die Hölle los- ganz entspannt, aber nicht „platt“ gegeben, Jacko kam um halb zwölf mit seinem Spielzeug an.
Leia kam zwischendurch mal gucken, blieb aber hauptsächlich etwas dösig in ihrer Box.
Alle Drei haben weder angstvoll auf die Knaller reagiert, wohl mal gelauscht, noch haben sie irgendwelches, ungewöhnliches Verhalten gezeigt. Sie waren entspannt und guter Dinge
Leia ging wohl in ihre Kiste, weil es ihr nicht passte, wenn es knallte, aber sie drehte sich furchtlos um und hastete nicht davon. Sie stand da, lauschte, und legte sich eben lieber hin. Immer wenn ich nach ihr sah, lag sie ganz entspannt da. Sie mochte das da draussen nicht, das war deutlich- aber Angst ? Keine Spur.
Keine der insgesamt 8 Flanken zitterte, keine Nase triefte, alles war super. Die Hunde hatten am nächsten Tag keine motorischen Probleme, noch hat sich ein ungewöhnliches Verhalten in den Tagen danach gezeigt.
Ich finde es nicht schlimm, meinen Hunden einmal im Jahr Pillen zu geben, wenn ich bedenke, was ich ihnen damit erspare. Nach dieser Erfahrung werde ich es nie wieder anders machen, als wie in diesem Jahr !!
Ich habe mich sehr skeptisch auf dieses „Experiment“ eingelassen, denn ich habe noch nie einen Hund erlebt, der so panisch ist, wie Jerry. Und ich habe nicht geglaubt, dass es klappt. Ich habe aber auch geschworen, wenn DAS funktioniert, werde ich es in alle Richtungen weitergeben.
Das habe ich hiermit getan.
Ich rufe regelrecht auf, es damit zu probieren ( Wer extrem ängstliche Hunde hat, kann es z.B. bei starkem Gewitter mal testen, um erste Erfahrungen damit zu machen). Aber ich mahne gleichzeitig und abschließend noch mal zu umsichtigen Umgang damit -es ist kein Heilmittel, Angst kann man nicht heilen, das kann man nur therapieren ! Und ein bisschen Angst kann ein Tier auch mal ertragen, also nicht zu jeder Gelegenheit zu den Dingern greifen…